Ludwig-Renn-Oberschule
Stolpen

Schulgeschichte

Über das eigentliche Alter einer Schule gibt es keine gesicherten Nachweise. Im Jahre 1473 war eine Knabenschule vorhanden. Der Rektor hatte die"Wissenschaften" (Rechnen, Lesen, Schreiben, Latein und Griechisch) zu lehren, der Succentor Gesangs- und Musikunterricht. Zum Unterricht gehörte auch die Unterweisung in der Durchführung des Kirchendienstes.
Wir wissen nur wenig über diese Knabenschule, die nach Chronist Senff "schlecht genug möge gewesen sein". Vor Einführung der Reformation durfte laut Verbot des Bischofs Johann VI. von Salhausen nichts aus der Lutherbibel erklärt werden. Valentin Schultes, der zugleich Stadtschreiber und bischöflicher Notar war, übte das Amt des Rektors aus. Dieser Schulmeister bekannte sich später zur evangelischen Lehre. Der Name des Succentors war Ambrosius Gaue..

 

Zur Kapelle des Schlosses gehörte auch eine Schule zur Ausbildung von Ministranten und Chorschülern laut Inventarverzeichnis von 1471: Item primo 11 Betten, Item 6 Leilach (Laken),Item 5 Pfoehl (Pfühl), Item 6 großen Kussen (Kissen), Item 3 seydene Decken. Im Mittelalter gab es in den Städten und Dörfern nur wenig Leute, die lesen und schreiben konnten. Zu ihnen gehörten vornehmlich die Geistlichen. So ist es verständlich, dass Chroniken meist das Werk von Pfarrern oder Lehrern waren. Bischof Johannes VII. erwähnte in einem Brief, dass nicht genügend fähige Leute vorhanden sind, die einer Kirche vorstehen können. Als Grund wird die zu geringe Aufnahme in den Schulen sowie die Besoldung der Lehrer genannt.
Nach dem Besitzwechsel von Amt, Stadt und Schloss ordnete Kurfürst August die Zahlung von je 26 Taler für den Rektor und Kantor sowie weitere 26 Gulden für arme Schüler an. Pfarrer und Rektor hatten die gerechte Verteilung vorzunehmen. Sicherlich gehörte auch dazu die Verteilung von Schuhen und Kleiderstoffen an bedürftige Kinder. Da die jährlichen Einkünfte nicht mehr ausreichten, stellte man diese Vergünstigung ein. Eine Ausnahme machte man bei den Currendanern , die in der Kirchgemeinde, also in der Öffentlichkeit, tätig waren. Eine Freistelle in der Fürstenschule Pforta und Stipendien für das Studium an einer Universität standen für junge Menschen in Stolpen zur Verfügung.
In alten Zeiten stand die Schule zwischen Kirche und Diakonatwohnung. Während des Abrisses 1600 und des Neubaus fand der Unterricht auf dem Kornboden und im Pfarrhaus statt. Das neue Schulgebäude brannte 1632 wieder ab.
Pastor Senff stellte den oberen Teil seiner großen Wohnung im Pfarrgebäude für Unterrichtszwecke zur Verfügung. Ob ein neues Schulhaus errichtet oder ob bis zum Brand 1723 in der Pfarre weiter unterrichtet wurde, ist ungewiß. Auf alle Fälle baute man nach diesem Stadtbrand Pfarramt und Schule als Doppelhaus. Die Einweihung dieser Bildungseinrichtung erfolgte am 30. August 1724, die aus zwei Schulzimmern und einer Interimswohnung für einen Lehrer bestand. Ein Schuppen zur Aufbewahrung des Holzes zum Schutz gegen Witterung und ungetreue Händ wurde gefordert.
Es sei bemerkt, dass sich um 1800 auch eine Mädchenschule etabliert hatte. Nach 1800 stand die Stolpener Mädchenschule im Mittelpunkt eines umfangreichen Schriftwechsels mit gegensätzlichen Ansichten zwischen dem Lehrer Vetter und dem Superintendenten Kunze. Deswegen wurde besonders vermerkt, dass dieses Examen mit besonderer Rücksicht auf die gegen die Schule und den Lehrer gerichteten Anschuldigungen stattfand. Prüfungsgegenstand waren der Zustand der Schule und vorallem das Wissen und Können der Mädchen. Dem Lehrer Vetter wurde guter Wille und pädagogische Fähigkeiten bescheinigt. Die Prüfungskommission war mit ihm zufrieden, so dass sie dem Lehrer schwerlich etwas zur Last legen konnten. Wie es bei Prüfungen Brauch ist, gab es auch Empfehlungen für den Lehrer. Er wurde angewiesen, in einem Unterricht den möglichst größten Teil seiner Schüler zugleich - und nicht bloß einen einzelnen auf einmal zu beschäftigen, um die Langeweile sowie die Sucht zum Plaudern - was man auch während der Prüfung wahrnahm - bei den übrigen vorzubeugen . Was wir heute unter Gesamtverhalten bezeichnen, nannte man früher Sitten . Viel treffender als es eine Note zum Ausdruck bringen kann, waren solche möglichen Prädikate wie fleißig, zänkisch, folgsam, nachlässig, leichtsinnig, ungehorsam, still, plauderhaft.
Was sich im 19. Jahrhundert um die Stolpener Schule abspielte, würde viele Seiten füllen. Man könnte es als Tauziehen um einen Schulneubau bezeichnen. Viele Sitzungen, viele Reden und Schreiben, aber wenig vernünftige Handlungen zeichneten sich ab. Laut Verordnung von 1846 betrug die Norm pro Kind 5 Quadratfuß. Die Mittelklasse umfaßte 55 Kinder. Der Rektor Engelmann teilte dazu am 29. November 1846 der Schulinspektion u.a. mit: ... beim Schreiben und Rechnen nicht einmal den nötigen Raum ... und die Disziplin nur mit der größten Schwierigkeit gehandhabt werden kann.
Der Stadtrat und die Stadtverordneten konnten sich letzten Endes nicht länger den schlechten Schulverhältnissen verschließen. Man besichtigte zunächst Wohnhäuser und prüfte sie auf Eignung als Schulgebäude oder fertigte Kostenanschläge für den Umbau vorhandener Gebäude an. Ein Hin und Her bewegte die Stadtobrigkeit und die Gemüter Stolpens.

Vorübergehend fand der Unterricht in dem kleine Saal des oberen Stockwerkes der Amtsbaderei gegen eine jährliche Miete von 34 Talern statt (Vertrag vom 30. März 1852). Pfarrer Dinter und die königlich sächsische Kreisdirektion drängten in den Jahres 1852 und 1853 auf einen Schulneubau. Es kam aber nicht dazu. Am 16. Februar 1856 wurde das Grundstück von Kaufmann Büchel gekauft. Nach dem Umbau wurde es zu Michaelis 1856 die Einweihung vorgenommen.
Einige Reparaturen, vornehmlich in der Toilettenanlagen, wurden September 1880 beendet.
Größere Umbauten erfolgten in den Jahren 1909/1910 und 1921.

Im Jahre 1925 beantragte Oberlehrer Hermann den Bau einer neuen Schule. Der Schularzt, Dr. med. Krevet, schilderte in einem Bericht die realen Verhältnisse im Schuljahr 1928/29:
Die Reinlichkeit der Volksschule Stolpen entsprechen in keiner Weise den heute zu stellenden hygienischen Anforderungen. Die Klassenzimmer sind nicht ausreichend; hierdurch ergeben sich erstens uneinheitliche Schulpläne, die Kinder müssen oft auf die leerwerdenden Zimmer warten, gewöhnlich ist die Luft in den Räumen meistens völlig verbraucht.
Besonders nachteilig wirken sich die sehr engen Gänge in den Schulzimmern aus, wodurch auch an den Fenstern stets bestoßene Ecken vorhanden sind. Im Vergleich zu allen mir bekannten Schulen im Bezirk Stolpen hat Stolpen die unhygienischste, vollkommen unzureichenste Schule .
Wiederum gab es Varianten. Der Landesverein Sächsischer Heimatschutz lehnte am 14. August 1935 die Aufstockung des Schulgebäudes ab. Ein Sachverhalt dürfte weniger bekannt sein:
Geld war für einen Neubau vorhanden. Der damalige Bürgermeister Felix Tamm schrieb am 26. Februar 1938 an das Bezirksschulamt Pirna u.a.:Es wäre dies (Schulneubau) ohne weiteres möglich, wie vorgesehen, wenn nicht für die vordringliche HJ-Heimbeschaffung ein Betrag von 8.000,00 RM hätte bereitgestellt werden müssen.
Der gleiche Bürgermeister schrieb am 13. Februar 1939:
ist es mir selbst bei gutem Willen nicht möglich, noch die ansehnlichen Kosten für das Schulgebäude aus städtischen Mitteln zu tragen, zumal die Stadt Stolpen sich genötigt gesehen hat, ein HJ-Heim zu errichten und hierzu einen ansehnlichen Betrag, und zwar 25.000,00 RM zu stiften.
Die Lehrer während der Zeit von 1933 bis 1945 waren Beamte. Die gesellschaftlichen Aktivitäten der damaligen Lehrer waren unterschiedlich. Mancher unterrichtete sogar in der braunen Uniform. In den ersten Monaten 1945 musste der Unterricht öfters ausfallen. Die Klassenzimmer dienten vorübergehend als Zwischenaufenthalt von Familien aus Dresden, die ihre Wohnung durch den Bombenangriff am 13. Februar 1945 verloren hatten. Soldaten der Wehrmacht fanden zeitweise Quartier, ebenso Flüchtlinge aus Schlesien. Nach dem Einzug der polnischen Truppen am 08. Mai 1945 verlangte der polnische Kommandant die gründliche Reinigung des Schulgebäudes. Der Unterricht habe am 22. Mai zu beginnen. Der Nazi-Bürgermeister Roth ernannte seinen Mitarbeiter Jansen von der sich in Altstadt befindlichen gewesenen Abteilung der faschistischen Reichsfilmkammer als neuen Schulleiter. Damals unterrichteten die Frauen Reichel und Hantzsch sowie die Herren Tränker, Naumann, Peschke, Reichel. Der Nazilehrer Jansen aus Köln wurde im August 1945 von der nächstfolgenden Bürgermeisterin Körner entlassen und Herr Tränker als Schulleiter berufen. In den Monaten August und September 1945 fand kein Untericht statt.
Das Potsdamer Abkommen (17.07. - 02.08.1945) sah auf schulischem Gebiet die Umgestaltung des Erziehungswesens vor. Auf dieser Grundlage erteilte Marshall Shukow am 25. August 1945 den Befehl Nr. 40 der SMAD (Sowjetische Militäradministration) zur Vorbereitung der Schulen für den Schulbetrieb.
Am 01. Oktober 1945 fand im Saale des Goldenen Löwen eine Feierstunde zur Eröffnung des Schuljahres 1945/46 mit gleichzeitiger Aufnahme der Schulneulinge statt. Erster Schulleiter der deutschen demokratischen Schule war Hermann Trinkner.
Am 31. Mai 1946 wurde das Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule von allen Landesregierungen der sowjetischen Besatzungszone angenommen. Die Not der Nachkriegsjahre war groß. So wurde ab Oktober 1946 die Schulspeisung eingeführt, erst Brötchen und Kaffee, ab November 1947 meist Mehlsuppe.
Der Unterricht in russischer Sprache wurde ab 17. Oktober 1945 erteilt, im 8. Schuljahr vom Pfarrer Ranft aus Helmsdorf, im 5. Schuljahr von der Dolmetscherin Frau Ulbrich. Durch die Eingemeindung des Ortes Altstadt am 01. Juli 1950 ergab sich eine neue Situation. Ab 01. September 1950 wurden die Klassen 1 bis 4 im Gebäude in Altstadt, die Klassen 5 bis 8 im Stolpener Gebäude unterrichtet. Seit dem 01. September 1952 besuchen Rennersdorfer Schüler (zunächst 7. und 8. Schuljahr) die Stolpener Schule, das 5. und 6. Schuljahr dagegen erst mit Beginn des Schuljahres 1953/54. Die Schülerzahl wuchs kontinuierlich. Im Grundstück war noch die Berufsschule untergebracht, deren Platz trotz des Schaffens von weiteren Räumen unter dem Dach nicht ausreichte. So beschäftigte sich der Rat der Burgstadt mit einem Schulneubau, dessen Baukosten auf 365.000,00 DM veranschlagt wurden. Die Stadtverwaltung wollte 90.000,00 bis 100.000,00 DM durch Eigenfinanzierung aufbringen, ferner durch freiwillige Arbeitsleistungen, kostenlose Baustofflieferung, Hergabe des Baugeländes sowie einschließlich der Zuschüsse aus den Verbandsgemeinden zum Neubau beitragen. Eine ins Leben gerufene Schulneubaukommission befasste sich mit Einzelheiten. Wenn daraus nichts wurde, so hat das seine inneren Gründe im System der Planwirtschaft und seine äußeren Ursachen beim Rat des Kreises Sebnitz. Der Neubau Stolpen stand 1954 nach an der ersten Stelle innerhalb des Kreises. Bereits ein Jahr später waren andere Orte wichtiger, d.h. Stolpen fand im 2. Fünfjahrplan keine Berücksichtigung. Heftige Diskussionen beschäftigten die Gemüter zum Gebäudeaustausch: Die Grundschule erhält das Gebäude an der Schulstraße zur vollen Nutzung, während die Berufsschule das Schulhaus in Altstadt übernimmt. In der entscheidenen Sitzung gab es lediglich zwei Gegenstimmen.
Der Charakter der Schule änderte sich:
Grundschule- Mittelschule- Zentralschule- zehnklassige Oberschule. Am 2. und 3. Juni 1956 herrschte in der Burgstadt ein lustiges Treiben. Die hundertjährige Wiederkehr des Jahres zum Ankauf und Umbau des Gebäudes (Schulstraße) gab Anlass, ein Schul- und Heimatfest durchzuführen.
Das Schulgebäude erwies sich im Verlaufe der Zeit als zu klein. Infolge Einsturzgefahr erfolgte eine baupolizeiliche Sperrung. Dem Engagement einiger Verantwortlicher ist der Schulneubau an der Pirnaer Landstraße zu verdanken, der mit seinen neuen Gebäuden am 29. August 1970 seiner Bestimmung übergeben wurde. Hinzu kam noch im Jahre 1990 eine Sporthalle. Nach dem Beitritt der DDR zur BRD richtete man auf Grund des neuen sächsischen Schulsystems inhaltlich eine Grund- und eine Mittelschule ein.

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